Systemisches Arbeiten in der Erziehung, Betreuung und Assistenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen 2025/2026
Mitarbeitende in der Behinderten- und Jugendhilfe müssen oftmals die Herausforderung meistern, verschiedene Interessen, Wünsche und Ziele zu integrieren. Dabei gilt es, den familiären und biographischen Kontext der Klientinnen und Klienten mit der aktuellen Lebenswelt, beispielhaft den gruppendynamischen Prozessen einer Wohngruppe sowie deren institutionellen Rahmenbedingungen, in Einklang zu bringen. Eine nicht immer leicht zu bewältigende Aufgabe.
Ziel dieser Fortbildung ist es, einen Einblick in das systemische Denken zu ermöglichen und dieses zur Reflexion des eigenen Arbeitens zu nutzen. Eine systemische Vorgehensweise verhindert einseitige Wahrnehmungen und Zuschreibungen und hilft, Probleme von verschiedenen Positionen aus wahrzunehmen, sich in andere einzufühlen und einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Durch diese Fähigkeit können Zusammenhänge neu verstanden, Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Differenzen und Konflikte offener angenommen und in ihren Kontextbedingungen besser verstanden werden. So können verdeckte Ressourcen erkannt und genutzt und zugleich Widersprüche und Andersartigkeit ausgehalten werden. Grundlage hierfür bildet eine wertschätzende Haltung mit Respekt und Neugierde sowie Offenheit gegenüber anderen Handlungs- und Lebensentwürfen.
1. Familienkontext
Im Familienkontext wird das Verhalten der Menschen mit einer Behinderung oder/und dissozialem Verhalten als eine Antwort auf die Problemlösungskapazität im Familiensystem verstanden. Insofern ist die Herkunftsfamilie ein Schlüssel zum Verständnis von "Auffälligkeiten", deren Bedeutung und Sinnhaftigkeit im Kontext der vorhandenen Beziehungsmuster erfasst werden kann.
Inhalt
Grundlagen des systemischen Denkens und Handelns
= Begriffsbestimmungen
= Einführung in das systemische Denken und Handeln
= Wichtige Grundhaltungen für das systemische Handeln
Familie als soziales System
= Merkmale eines Familiensystems
= Familiäre Rollenentwicklung
= Generationsübergreifende Zyklen
Familien mit einem Kind mit Behinderung / dissozialem Verhalten
= Das bio-psycho-soziale Modell
= Ressourcen und Bedürfnisse
= Mehrfachbelastung von Familien und Scheitern als elterliches Grundgefühl
= Loyalitäten und ihre Konflikte
= Ablösung
Methoden für die Betreuungsarbeit
= Joining
= Ressourcenarbeit
= Genogrammarbeit
2. Kontext Lebenswelt
Thematischer Schwerpunkt des zweiten Teils ist der Kontext Lebenswelt. Die Wohngruppe oder Wohngemeinschaft, die Arbeitsgruppe oder Schulklasse, der Freundeskreis oder die Partnerschaft etc. werden als soziale Systeme betrachtet. Bei der Betrachtung dieser Systeme müssen nicht nur die beteiligten Personen in Betracht gezogen werden, sondern auch die Rollen und Persönlichkeitsanteile, aus denen heraus sie agieren, die Bedürfnisse und Gefühle, die sich in ihnen entfalten, sowie die Kontexte, in denen sie ihre Beziehungen gestalten.
Die Handlungsmuster und Kommunikationsprozesse innerhalb der jeweiligen Lebenswelt werden identifiziert und auftretende Probleme nicht nur innerhalb einer Person angesiedelt, sondern als Ausdruck einer bestimmten Art der Beziehungs- und Lebensgestaltung begriffen. Lösungen lassen sich dementsprechend an vielen verschiedenen Stellen im System initiieren und nicht nur dort, wo ein Problem sichtbar wird.
Inhalt
Personen, Rollen und Ego-States
= Das relevante System
= Rollen- und Handlungsmuster
= Interaktionen im Klientensystem, im Helfersystem und dazwischen
= Die logischen Ebenen der Beratung
Ziele, Maßnahmen und Ergebnisse
= Auftragsklärung
= Zielformulierung im relevanten System
= Planung von Interventionen
= Ergebnisüberprüfung
Methoden für die Beratungsarbeit
= Systemische Gesprächsführung
= Visualisierungstechniken
= Figurenaufstellung und Aufstellung im Raum
= Timelinearbeit
= Strukturschemata
3. Institutioneller Kontext
Im dritten Teil geht es um das soziale Helfersystem, in das der Klient und die Klientin eingebettet ist. Das Dreieck Klient – Mitarbeiter – sonstige Helfer, deren unterschiedliche Bedürfnisse und Ziele und die Grenzen der jeweiligen Systeme werden in ihrer Wechselwirkung wahrgenommen. Die Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit werden aufgezeigt.
Die Stellung der Institution mit ihren Subsystemen wird im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung und Forderungen nach Inklusion und Teilhabe thematisiert.
Inhalt
Zusammenhang von Klienten-, Team- und Institutionssystem
= Typische Kommunikationsmuster
= Unterscheidung von Therapie- und Zwangskontexten
= Wechselwirkungen Klient und Behandlungssystem
Gestaltung der Zusammenarbeit
= Möglichkeiten kooperativen und vernetzten Arbeitens
= Ressourcen- und lösungsorientiertes Arbeiten
= Prozessreflexionen
Methoden für die Betreuungsarbeit
= Zirkuläres Fragen
= Problemaufstellung / Tetralemma als Konfliktlösungsmodell
= Visualisierung und Metaphernarbeit
= Reflecting Team
Praxisberatung
Zwischen den Seminarbausteinen finden in Kleingruppen ein ganztägiger und zwei halbtägige Praxisberatungen statt. In diesen Gruppen können die Teilnehmenden das, was sie in den Seminaren gelernt haben, bezogen auf ihren Arbeitsalltag thematisieren und vor allem ausprobieren. Dazu erhalten die Teilnehmenden nach jedem Seminarabschnitt eine Transferaufgabe. Diese dokumentieren sie schriftlich.
Zielgruppe:
Mitarbeitende der Behinderten- und Jugendhilfe
Arbeitsform:
Theorieinput, Gruppenarbeit, Selbstreflexion, Skulpturarbeit, Problemaufstellung, Transferaufgaben, Rollenspiel
Status:
Kursnr.: 251233
Beginn: Mi., 10.12.2025, 09:00 - 17:00 Uhr
Dauer: 9 Tage
Kursort: Schloss Liebenau
Gebühr: 1400,00 € (inkl. MwSt.)